Passt perfekt

Die neue Schreibtischunterlage schmiegt sich an jene Fläche, der sie elegant aufliegt. Sie kaschiert gekonnt die Sünden der letzten Wochen. Der Weißwein-See, der das Furnier ein wenig in Wallung brachte und die letzte Kippe, die vom Aschenbecher kullerte um auszurauchen.

Das Laptop wirkt deutlich entspannter, weil leiser.

Eine gute Wahl.

Als ich mit meiner geliebten Mütze für Kleinkriminelle – Schiebermütze genannt – das erste Mal dort antrat, wo ich arbeite, machte mir eine hoch geschätzte Kollegin ein Kompliment. Sie sah mich an, musterte mich.
Die Chefin der Rechnungsprüfung.
Eine Schwäbin mit dünnem Haar und vollkommen alterslos. Die ihre Gründe hatte, warum sie das Dorf in der Nähe von Ulm in Richtung Hauptstadt verließ. Und diese Brosche trägt, die sich mit einer Perlenkette um ihren Hals schwingt, als würde sie im Koordinationsausschuss von Ulm und Neu-Ulm sitzen. Das sind nämlich zwei verschiedene Bundesländer – you know. Bayern und Baden-Württemberg.
Sie sieht mich an und sagt: “Gute Wahl – sehr gute Wahl!”

Ich bedanke mich artig für das Kompliment.

Passt perfekt.

Eigentlich mag sie keine Männer, sie hat es nur mit den abseitigen Exemplaren.

Da ich jetzt gehen kann, werde ich die Tür hinter mir schließen und ihr sagen was ich eigentlich von ihr halte. Das Gespräch wird kaum länger als fünf Minuten dauern.

Ich werde ihnen in die Augen sehen und mich verabschieden. Es war ein großer Film, jetzt geht er zu Ende. Nacht für Nacht habe ich zitternd an seinem Drehbuch gestrickt und zuletzt geschrieben. Ich freue mich, jetzt gehen zu können. Das ist durchaus mehrdeutig gemeint.

‘Ach ja’ Im Kino läuft gerade James Bond, falls Sie dort mal wieder öfter vorbeischauen möchten.

Auf eine Zigarettenlänge in Kairo

Die arabische Welt brennt, binnen Kurzem ist sie in Flammen aufgegangen. Ein Dikatator verlässt entmachtet nach 14 Tagen Tunesien. Und das Volk jubelt, bevor sich Frau Rados nun mit Tunis beschäftigen kann, muss sie den Flieger nach Kairo nehmen. Denn dort brennt weitaus mehr. Das ägyptische Museum wird geplündert, Mumien geschändet. Bürgerwehren formieren sich. Die Zivilisation hat vom Proben in Sachen Aufstand offenbar genug – jetzt wehrt sie sich und das nach Kräften.

Es ist eine Revolution im Gange an der Hemisphäre Europas. Die, so denke ich, sollten wir wahrnehmen. Die Berichterstattung darüber braucht eine Reihe von Ebenen.

Seit Jahren sitze ich wieder vor dem Fernseher, höre Nachrichten, taste mich durchs Netz und denke mir, was passiert da gerade?

Ägypten kann ich mir wesentlich leichter vorstellen als Afghanistan – selbst nach einem schwarzen Afghanen.
Was die wollen, will ich auch. Jedenfalls bei einigen von ihnen.

Und jetzt bin ich mal gespannt wie diese Saubande von einer Regierung, die wir uns hier gerade vor die Nase gesetzt haben, darauf reagiert. Was machen sie jetzt?

Was machen die Medien?

Frau Antonia Rados vor die Kamera zu stellen war von RTL kein schlechter Schachzug. Frau Rados – Anchorwoman.

Ich bin sehr gespannt wie hoch die Qualität der TV-Kanäle sein wird bei den Berichten aus der Hemisphäre Europas.

Da hockst du schon manchmal vor der Glotze und denkst dir, warum mach ich es nicht einfach selber und versuche es dann zu verkaufen.

Aktuelles und das Feuilleton sollten in diesen Tagen etwas näher zusammen rücken – denke ich.

Manchmal ist das Private politisch – oder war eher das Politische privat – anyway – eine Zigarettenlänge in Kairo und darüber schreiben. Ein Tee – ein Glas Wein. Zeit miteinander teilen und schreiben. Vielleicht bleibt Nadra zu Hause – Reisepläne.

Der Job?

Sieben Jahre lang regelmäßige Eingänge von Geld. Schlecht bezahlt war ich nicht. Ich werde gehen und behalte die Gründe für mich. Es gibt Erniedrigung. Darüber helfen regelmäßige Zahlungseingänge nun mal nicht hinweg.

Er stand am Strand, sein Mantel war lang, die Spitzen seiner Cowboy-Schuhe waren ein wenig nach oben gerichtet. Er hatte keinen Job – aber sein Job war es, seinen Kumpel jetzt nicht alleine zu lassen. Einen besseren Job konnte er kaum machen.

Der Job?

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