Es war Sommer

Die Erinnerung trügt nicht, jedenfalls nicht in der Erinnerung an diesen Sommer – der Sommer 1976. Wochenlang kein Regen – jeder Tag warm. Meine Mutter fand es wohl eher heiß. Blendend weiß war die Welt vor einem Kolonialwarengeschäft gelegen in einer Vorstadt. Eine alte Lehrerin, die sich ihre Kücken vom Leib hält. Die Hitze als Grund.
Für einen Jungen mit 10 Jahren war es ein Sommer, der ihm bestimmt zeigte, wie es ist, wenn jeden Tag die Sonne scheint. Da passieren Dinge, die ein kleiner Junge fühlt ohne sie zu verstehen. Vielleicht war ein hartnäckiges Hoch mit warmer Luftstömung aus dem Süden die Ursache. Irgendwo lässt sich das bestimmt auf Google finden. Es war Sommer – der Sommer 1976.

Gunung Agung

Der Vulkan schläft. Er hat sich zerstört, aufgebaut und ragt als Kegel zum Himmel. Ausgebrannt wie er ist. Er schläft und sammelt sich. Saugt Magma. Ob es reichen wird? Für eine weitere Eruption? Manchmal: Mimpi manis. Bisweilen ein Maniac, der im Morgengrauen um Schlaf kämpft. Vor der Eruption?

Es gibt gut verdienende Anwälte, die Geschäfte in der Nähe von Vulkanen machen. Ihren Gemütszustand bezeichnen sie als gleichbleibend.

Gunung Agung

Taxi zum Klo oder der Zug zum Wohnzimmer

Vergessen Sie das mit der Würde, das mit der Achtung, die auf Menschenwürde basiert. Lassen Sie es einfach. Wir haben hier einen Job zu vergeben, der Ihnen einen Arbeitsplatz beschert, bei dem Sie mit etwas Glück freien Blick auf die alte Pinakothek haben und der Alte Botanische Garten Münchens ist ebenfalls nicht weit. Dafür, junger Freund, dürfen wir Ihnen schon ein bisserl auf die Krawatte latschen. Ihre Träume, mit denen Sie dereinst Antiquariate in der Umgegend betreten haben, die interessieren hier niemanden. Wir watschen Sie einfach her. Schließlich brauchen Sie einen Job und wir haben einen zu vergeben. Ihre Vita, Ihre Qualifikationen, das was Sie bislang gemacht haben ist nicht mehr wert als eine durchweichte Münchner Abendzeitung im Gully. Tja, selber schuld, warum haben Sie den vorherigen Job auch quittiert. Gegangen ohne neue Anstellung – ganz schön leichtsinnig. Jetzt also wollen Sie sich hier einrichten. Sie haben schon begonnen die Möbel in den Keller zu stellen.

Es war nicht so, dass ich einem derartigen Gespräch nicht gewachsen wäre. Den suchenden Blick in Richtung Türe nach zehn Minuten hatte ich im Griff, obwohl ich den Raum gerne verlassen hätte. Geld mit Leidenschaft zu verdienen ist mir wohl verwehrt. Und gegen welch harte Felsen meine Leidenschaft stoßen kann, habe ich erfahren. Am Stand für Bonbons am Münchner Hbf stand eine Anschi vor zwanzig Jahren. Und wer den Lokalteil von ‘Bild’ München verantwortlich redigiert, ist mir bekannt. Ich trinke einen Kaffee irgendwo zwischen dem Sendlinger Tor und der Goethestrasse. Etwa ein halbes Jahr ohne Einnahmen habe ich noch. Ich trotze versuchten Beleidigungen und behaupte meine Qualitäten. Die Zeit läuft, ich habe mich dafür entschieden auszusteigen, den freien Fall zu proben. Am Anfang dieser Zeit stand im Angesicht von Aix-en-Provence ein Schrei der Freude und das Wissen darum es kann eben auch schief gehen. Im Moment sieht alles nach Schiefgehen aus. Es scheint ausgeschlossen Aix-en-Provence noch einmal zu sehen. Die Wolken vor der Sonne sind zu dicht und schweigen von Liebe oder ähnlichen Schwachheiten.

Taxi zum Klo als Bekenntnis. Der ICE, der in München startet unter einem überholten Logo von Grundig fährt ohne Zwischenhalt direkt in mein Wohnzimmer. Porzellan aus Kahla unterwegs. Mein Vater am Telefon sagt ohne Qualen einen leidgeprüften Satz: “Bleibe bei Dir.”

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