Taxi zum Klo oder der Zug zum Wohnzimmer
Vergessen Sie das mit der Würde, das mit der Achtung, die auf Menschenwürde basiert. Lassen Sie es einfach. Wir haben hier einen Job zu vergeben, der Ihnen einen Arbeitsplatz beschert, bei dem Sie mit etwas Glück freien Blick auf die alte Pinakothek haben und der Alte Botanische Garten Münchens ist ebenfalls nicht weit. Dafür, junger Freund, dürfen wir Ihnen schon ein bisserl auf die Krawatte latschen. Ihre Träume, mit denen Sie dereinst Antiquariate in der Umgegend betreten haben, die interessieren hier niemanden. Wir watschen Sie einfach her. Schließlich brauchen Sie einen Job und wir haben einen zu vergeben. Ihre Vita, Ihre Qualifikationen, das was Sie bislang gemacht haben ist nicht mehr wert als eine durchweichte Münchner Abendzeitung im Gully. Tja, selber schuld, warum haben Sie den vorherigen Job auch quittiert. Gegangen ohne neue Anstellung – ganz schön leichtsinnig. Jetzt also wollen Sie sich hier einrichten. Sie haben schon begonnen die Möbel in den Keller zu stellen.
Es war nicht so, dass ich einem derartigen Gespräch nicht gewachsen wäre. Den suchenden Blick in Richtung Türe nach zehn Minuten hatte ich im Griff, obwohl ich den Raum gerne verlassen hätte. Geld mit Leidenschaft zu verdienen ist mir wohl verwehrt. Und gegen welch harte Felsen meine Leidenschaft stoßen kann, habe ich erfahren. Am Stand für Bonbons am Münchner Hbf stand eine Anschi vor zwanzig Jahren. Und wer den Lokalteil von ‘Bild’ München verantwortlich redigiert, ist mir bekannt. Ich trinke einen Kaffee irgendwo zwischen dem Sendlinger Tor und der Goethestrasse. Etwa ein halbes Jahr ohne Einnahmen habe ich noch. Ich trotze versuchten Beleidigungen und behaupte meine Qualitäten. Die Zeit läuft, ich habe mich dafür entschieden auszusteigen, den freien Fall zu proben. Am Anfang dieser Zeit stand im Angesicht von Aix-en-Provence ein Schrei der Freude und das Wissen darum es kann eben auch schief gehen. Im Moment sieht alles nach Schiefgehen aus. Es scheint ausgeschlossen Aix-en-Provence noch einmal zu sehen. Die Wolken vor der Sonne sind zu dicht und schweigen von Liebe oder ähnlichen Schwachheiten.
Taxi zum Klo als Bekenntnis. Der ICE, der in München startet unter einem überholten Logo von Grundig fährt ohne Zwischenhalt direkt in mein Wohnzimmer. Porzellan aus Kahla unterwegs. Mein Vater am Telefon sagt ohne Qualen einen leidgeprüften Satz: “Bleibe bei Dir.”
Noch eine Headline?
Vielleicht begann dieses ganze Elend mit der Jagd nach der nächsten Headline. Die nächste Überschrift – noch ein Wurf. Nach dem Wurf war stets vor dem nächsten und die Nächte dazwischen waren Privatsache. Die Ausbeutung der eigenen Passion. Gut bezahlt bei gleich bleibender Angst. Ich denke darüber nach wieder Taxi zu fahren.
“Für einen Taxi-Fahrer haben Sie es weit gebracht.”
Ja, Du Arsch, dafür habe ich es sehr weit gebracht. Aber am Ende blieb mir wenig. Das Talent zu schreiben. Nunja. Eine enge Freundin verabschiedet sich mit dem wiederholten Hinweis auf ihre Menstruation. Irgendwie bluten wir alle. Bis auf die Musik waren die 80er irgendwie Scheiße. Irgendwie, irgendwo, irgendwann. Und 99 Luftballons verschwinden am Horizont bei einem Glas Wein. Einen Leidensgenossen befrage ich nach den aktuellen Konditionen nach dem Geschäft mit den Taxis in Berlin. Wir haben nach einem Himmel gegriffen, der entschwindet: Der Jaguar für mehr als 60.000 Euro vor uns mag seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, er bleibt unerreichbar. Es bleibt ein Jaguar.
Glasklar
Der große Stechlin – 15 gelaufene Kilometer einmal rundrum. Die Farbe dieses Sees ist legendär, Näheres können Sie Fontane entnehemn. Ein sogenannter nährstoffarmer See aus Hartwasser mit wenigen Nährstoffen – sehr artenreich. Dazwischen ein KKW, das erste von der DDR erbaute, das nun Stück für Stück abgetragen wird. Akw-Rückbau – Energiewende.
Der große Stechlin – Heimat ist für einen, der seine Heimat stets gesucht hat ein schwieriges Thema. Schweigen wir von etwas Anderem.