Lange Nacht in Neukölln
So kann man sich kennen lernen, in einer langen Nacht in Neukölln. Vorher über einen Friedhof gegangen, der keine Gräber mehr hat und jetzt wohl umgewidmet wird. Die Umwidmung eines Friedhofs ist rechtlich nicht ganz einfach in Deutschland. Jüdische Friedhöfe aufzulösen ist ein Frevel. Christliche Kirchhöfe dürfen aufgelöst werden. Was ich sehr stark vermute, sie dürfen nach ihrer Auflösung, gemäß deutschem Recht, nicht als Bauland ausgewießen werden. Darüber können wir in dreihundert Jahren nochmal reden aber nicht jetzt. Das ist meine Vermutung. Also in dreihundert Jahren wird auf mein Grab auch kein Hund mehr gezielt pinkeln. Weil die Zielscheibe fehlt. Ich bin eins von 6 Milliarden Tieren auf dieser Welt – homo sapiens. Ecce homo!
Ein Friedhof weniger in Neukölln. Bevor sie den Friedhof auflösten, konnte ich auf den Grabsteinen aus dern 30ern häufig Worte lesen wie: “Pflichterfüllung”, “Treue”. Seit Jahren gab es auf diesem Friedhof unmittelbar am Ende der Einflugschneise zu Tempelhof keine neuen Toten mehr.
Die gibt es nicht mehr!
Sie sind alle tot. Es graut der Tag, und für mich wird es Zeit – nach einer langen Nacht in Neukölln.
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